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Kaikaku

Autoren

Dr. Christophe Vetterli / Eva Hollenstein

Einleitung

Der japanische Begriff «Kaikaku» bedeutet «Transformation», «drastischer Wandel» oder «radikaler Wandel» und wird häufig als Gegenstück zu «Kaizen» (kontinuierliche Verbesserung) verwendet (Backstrom & Olsson, 2010). Gesundheitsorganisationen haben ebenfalls Begriffe wie «Rapid-Process-Improvement-Workshop» oder «Rapid-Improvement-Event» übernommen (Graban & Swartz, 2012). In der Industrie wird Kaikaku häufig als eine radikale Leistungsverbesserung in der Produktion bezeichnet (zum Beispiel grösser 30 Prozent) (Backstrom & Olsson, 2010).

In diesem Buch werden hauptsächlich Methoden beschrieben, die aufzeigen, wie eine Vielzahl von kleinen Verbesserungen erreicht werden kann. Allerdings ist im Gesundheitswesen zuweilen ein radikaler Wandel nötig. Beispielsweise im Rahmen einer kompletten Umgestaltung eines Prozesses oder des Gebäudelayouts. In diesem Artikel wird beschrieben, was unter dem Begriff «Kaikaku» zu verstehen ist und wie radikale Veränderungen und Innovation in der Lean-Management-Philosophie in das Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung eingebettet werden.

Leitfragen für die Praxis

Detailbeschreibung des Konzepts

Ähnlich wie Kaizen wird Kaikaku in der Literatur zu Lean-Management unterschiedlich definiert:

Die am häufigsten verwendete Definition stammt von Hammer und Champy (1993): «Kaikaku is a large-scale improvement that involves fundamental rethinking and radical design of systems and processes related to production, with the primary purpose of achieving dramatic improvements in the performance of the production system which is frequently measured in terms of cost, quality, speed and flexibility.» (Hammer & Champy, 1993:24)

Diese Definition impliziert, dass es sich bei Kaikaku um eine radikale Massnahme handelt. Es muss sich jedoch nicht zwingend um einen grossen Sprung handeln. Kaikaku kann ebenso das Ergebnis vieler kleiner Änderungen und Verbesserungen (Kaizen) sein, die gemeinsam vorgenommen werden, sich gegenseitig verstärken und schlussendlich zu radikal veränderten neuen Formen führen. Daher kann Kaikaku also als radikaler Prozess mit einer inkrementellen Umsetzung bezeichnet werden (Yamamoto, 2013).

Kaikaku und Kaizen – Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Da Kaikaku häufig einen Prozess verändert, in den mehrere Gruppen, Abteilungen oder Departemente involviert sind, ist eine dementsprechend sorgfältige Planung, Steuerung und Umsetz-ung auf Managementebene essentiell.

Kaikaku weist den Charakter eines Top-down-Ansatzes auf. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die gewünschten Veränderungen nicht auf einem gemeinschaftlichen und partizipativen Weg herbeigeführt werden können. Das Konzept wird zwar meist vom Top-Management initiiert, die tatsächlichen Veränderungen werden aber von den Mitarbeitenden getrieben.

Kaizen hingegen wird häufig als Bottom-up-Ansatz klassifiziert. Das Konzept wird ebenfalls häufig seitens der Führungsebene gestartet und die Mitarbeitenden werden ermutigt, Verbesserungsvorschläge einzubringen. Die individuellen Aktivitäten hingegen, die zur kontinuierlichen Verbesserung beitragen, werden autonom und weniger koordiniert von den Mitarbeitenden selbst vorgenommen.

Kaikaku wird als eigenständige Massnahme beschrieben, die innerhalb eines definierten Zeitrahmens durchgeführt wird und mit der zu Projektende konkrete Ziele erreicht werden sollen. Das Konzept ist daher mit einem (Gross-) Projekt bzw. einer Initiative zu vergleichen. Ein Kaikaku-Projekt umfasst meist mehrere kleinere Projekte, die zu verschiedenen Zeitpunkten während der Initiative durchgeführt werden. Der Zeitrahmen für ein Kaikaku-Projekt kann sehr unterschiedlich ausgestaltet sein und reicht von wenigen Monaten bis zu einigen Jahren. Bereiche, die im Rahmen von Kaikaku optimiert und verändert werden, sind beispielsweise Management- und Produktionsprozesse, Organisationskultur, Führungsstile oder Informationssysteme.

Dieses Projektvorgehen zeigt erneut den Unterscheid zu Kaizen: Hier wird Verbesserung wie oben beschrieben als kontinuierlicher Prozess in Richtung Qualität und Effizienz definiert.

Eine weitere Besonderheit des Konzepts liegt in der Formulierung sehr hoch gesteckter Ziele, wie beispielsweise die Halbierung der Durchlaufzeit eines Prozesses. Das soll bewirken, dass die Mitarbeitenden den derzeitigen Organisationsstand sowie gängige Verhaltens- und Denkweisen gezielt und gründlich hinterfragen (Yamamoto, 2013).

Zeitliche Abfolge von Kaikaku

In der Regel durchläuft Kaikaku folgende Stufen (vgl. Abbildung 1).


Abbildung 1: Zeitliche Abfolge von Kaikaku 

Diese Vorgehensweise eignet sich für mittelgrosse Kaikaku-Vorhaben. Sind sehr umfangreiche Änderungen vorgesehen, wie zum Beispiel der organisationsweite Wandel zum Lean-Hospital, empfiehlt es sich einem strukturierten Plan (siehe TMP) zu folgen.

Praxisempfehlungen

Radikaler und inkrementeller Wandel

Kaikaku und Kaizen sind zwar in ihrer Umsetzung gegensätzliche Prinzipien, für den erfolgreichen Wandel sind jedoch beide Arten des Wandels nötig.

Jackson (2013) und Hoeft & Pryor (2015) veranschaulichen dies wie in Abbildung 6 ersichtlich. Auf eine längere Periode, in der Standardisierung und Kaizen praktiziert wird, folgt eine kürzere Phase des rapiden Wandels:


Abbildung 2: Kaizen und Kaikaku verbessern die Leistung über die Zeit im Tandem (in Anlehnung an Jackson, 2013, S. 14)

Kritische Faktoren für die erfolgreiche Implementierung von Kaikaku

Yamamoto (2013) identifiziert die folgenden Faktoren, die einen kritischen Beitrag zur erfolgreichen praktischen Umsetzung von Kaikaku leisten:

Der grosse Vorteil von Kaikaku liegt in der Tatsache, dass von den Bedürfnissen der Patienten ausgegangen wird und diese direkt an der Spitalsvision ausgerichtet werden.

Die korrekte Anwendung von Kaikaku kann Organisationen helfen, die benötigte Zeit für umfassende Verbesserung drastisch zu reduzieren. Das Konzept eignet sich für Organisationen, die unter Kostendruck stehen, Wachstumsmöglichkeiten sehen, sich in einer Umbruchs-situation befinden oder vor anderen transformationellen Herausforderungen stehen. Wird es sorgfältig und durchdacht umgesetzt, schafft Kaikaku einen Impuls, den gesamten Wertstrom von Material über Menschen, Information und Aktivitäten zu optimieren (Seeliger, Awalegaonkar & Lampiris, 2007).

Quellenzitierung

Bitte zitieren Sie diese Quelle wie folgt:

Hollenstein, E. & Vetterli, C. (2016). Kaikaku.  In A. Angerer (Hrsg.), LHT-BOK Lean Healthcare Transformation Body of Knowledge: Edition 2018–2019. Winterthur. Abgerufen von www.leanhealth.ch

Literatur

Backstrom, T., & Olsson, B. O. K. (2010). Kaikaku – A Complement to Emergence based Development. First International Conference on Design Creativity. ICDC 2010. Kobe, Japan.

Graban, M., & Swartz, J. E. (2012). Healthcare Kaizen: Engaging Front – Line Staff. Sustainable Continuous Improvements. Boca Raton: Productivity Press.

Hammer, M., & Champy, J. (1993). Reengineering the corporation: a manifesto for business revolution. New York: HarperBusiness.

Hoeft, S. E., & Pryor, R. W. (2015). The power of ideas to transform healthcare: engaging staff by building daily lean management systemsAbgerufen von http://www.novanet.eblib.com/EBLWeb/patron/?target=patron&extende-did=P_1770774_0.

Jackson, T. L. (2013). Kaizen workshops for lean healthcare. Boca Raton: CRC Press.

Seeliger, J., Awalegaonkar, K., & Lampiris, C. (2007). So You Want to Get Lean - Kaizen or Kaikaku? Mercer Management Journal, S. 29–35.

Yamamoto, J. J. (2013). Kaikaku in Production toward creating unique Production Systems. Mälardalen University, Västerås.

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Kontakt

Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie (WIG)
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