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Zentrale vs. dezentrale Lagerung

Autoren

Florian Liberatore / Tim Brand

Einleitung

Im Spital muss eine ständige Verfügbarkeit von Materialien gewährleistet sein, deshalb ist Lagermanagement ein wichtiges Aufgabenfeld der Krankenhauslogistik. Zudem hat die Materiallagerung einen direkten Einfluss auf die Behandlungsabläufe, da zum Beispiel der Transport von Materialien eng mit den Bewegungen des Personals verknüpft ist und sich fehlende Materialien direkt auf die Wartezeiten der Patienten auswirken. Deshalb bietet das Lagermanagement ein hohes Potenzial für Prozessverbesserungen, und sollte sich an den Lean-Prinzipien der Systemorientierung und des Flussprinzips orientieren.

Die Wahl der Lagerungsform ist dabei eine Grundsatzentscheidung, die im Rahmen einer Lean-Transformation getroffen werden muss.

Grundsätzlich lässt sich zwischen zentralen und dezentralen Lagerlösungen unterscheiden. Zentrale Lagerung bedeutet, dass Materialien an einem Ort im Spital gelagert werden und bei Bedarf zu der jeweiligen Abteilung gebracht werden müssen. Dagegen kann die Lagerung als dezentral bezeichnet werden, wenn einzelne Organisationseinheiten eigene kleine Lager vorhalten, um direkt auf die Materialien zugreifen zu können. In der Regel kommen im Spital beide Lagerformen je nach Materialart zum Einsatz. Die gewählten Lagerlösungen sind häufig historisch gewachsen und wurden nicht im Rahmen eines Gesamtkonzepts erarbeitet (Angerer et al., 2013). Bei der Einführung von  Kanban (Dickmann, 2009) im Rahmen einer Lean-Transformation kommt eine dezentrale Lagerungslogik zum Tragen, welche die Ziele des Lagermanagements, nämlich Versorgungssicherheit und niedrige Lagerstände, gleichzeitig gewährleisten kann (Walker, 2015). Kanban folgt einer Pull-Logik, wonach einzelne Abteilungslager bedarfsorientiert von Zulieferern bzw. von einem zentralen Spitallager erst nach einem Bedarfssignal beliefert werden (Angerer et al., 2013).

Leitfragen für die Praxis

Beispiele für Praxisfragen wären:

Detailbeschreibung des Konzepts

Eine optimale Lagerlösung muss die Verfügbarkeit von Materialien zur richtigen Zeit in der richtigen Qualität zu geringen Kosten gewährleisten können (Kriegel, 2012).

Im Lean-Management kommt dezentralen Lagerungsmöglichkeiten eine besondere Bedeutung zu, da sich dadurch «Laufwege/Bewegungen» und «Transporte» verringern lassen, die im Rahmen des Muda-Konzeptes als zwei der sieben Verschwendungen definiert sind (Graban, 2012).

Bei der ersten Verschwendungsform handelt es sich um unnötige Hol- und Suchvorgänge sowie unnötige Laufwege zwischen einzelnen Arbeits- und Lagerorten. Dabei bezieht sich das Konzept auf die Bewegungen des Personals. Bewegungen von Materialien werden unter dem Begriff «Transport» als eigener Teil des Muda-Konzeptes zusammengefasst.

Tabelle 1: 5S Richtlinien für die Lagerung von Materialien nach Verwendungshäufigkeit (in Anlehnung an Graban, 2012, S. 101-102)

Verwendungshäufigkeit
Lagerungsdistanz
Stündliche Verwendung
Dezentrale Lagerung in Greifnähe
Bei jeder Schicht
Dezentrale Lagerung in kurzer Laufweite
Täglich
Dezentrale Lagerung in Laufweite
Monatlich
Zentraler Lagerort in der Klinik Abteilung bzw. im Institut
Jährlich
Zentraler Lagerort im Zentrallager des Spitals

Bei den in Tabelle 1 abgebildeten Empfehlungen handelt es sich um grobe Richtwerte. Neben der Verwendungshäufigkeit sind die Dringlichkeit, Stückanzahl und der Platzbedarf der Materialien weitere Determinanten der Lagerortwahl, die zu Abweichungen von diesen Empfehlungen führen können. Dringend benötigte Materialien, zum Beispiel im Schockraum, sind auch bei seltener Verwendung dezentral zu lagern, um im Notfall Patienten unverzüglich versorgen zu können. Bei Materialien mit hohem Platzbedarf, aufgrund der Grösse oder der verwendeten Stückzahl, kann ein zentraler Lagerort trotz häufiger Verwendung sinnvoll sein. Bei Materialien, die stündlich verwendet werden, wie beispielsweise bei der Hourly Safety Round, kann es von Vorteil sein, mobile Pflegewägen einzurichten, die alle wichtigen Materialen beinhalten, oder die Materialien direkt im Patientenzimmer zu lagern (Walker, 2015).

Praxisempfehlungen

Für die Lösung des Problems bieten sich verschiedene Tools an, die teilweise aus den übergreifenden Bereichen des Prozessmanagements und der Logistik stammen, teilweise auch konkret darauf ausgelegt sind, Laufwege und Bewegungen von Personal und Material zu analysieren.

Als Vorlauf zu einer Optimierung der Lagerhaltung ist die 5S-Methode zu empfehlen. Dabei werden unnötige und abgelaufene Bestände beseitigt, wodurch sich im Vorfeld mehr Transparenz der Bestände und zusätzlicher Platz schaffen lässt (Black & Miller, 2008).

Swimlane- und Wertstromdiagramme helfen bei der Visualisierung von Prozessen. Dadurch werden lagerungsbedingte, nicht-wertschöpfende Tätigkeiten durch Laufwege und Bewegungen deutlich.

Das Fishbone-Diagram und 5-Why eigenen sich dazu, die Gründe für lange und überflüssige Laufwege des Personals zu identifizieren. Dabei werden die Gründe für ein Problem im Sinne einer Root-Cause-Analyse systematisch betrachtet. Anschliessend lassen sich Lösungsvorschläge erarbeiten.

Mithilfe eines Spaghetti-Diagramms können die Laufwege des Personals auf Basis eines Grundrisses des Arbeitsplatzes zu den gelagerten Materialien skizziert und verdeutlicht werden. Anschliessend lässt sich anhand der Ergebnisse erarbeiten, wie sich die Standorte der Lager optimieren lassen. Das kann zum Beispiel durch eine Umpositionierung des Lagers auf der Station geschehen.

Quellenzitierung

Bitte zitieren Sie diese Quelle wie folgt:

Liberatore, F. & Brand, T. (2016). Zentrale versus dezentrale Lagerung.In: A. Angerer (Hrsg.), LHT-BOK Lean Healthcare Transformation Body of Knowledge: Edition 2018–2019. Winterthur. Abgerufen von www.leanhealth.ch

Literatur

Angerer, A., Bausch, Priyanka, F., Stettler, P., & Schmidt, H. (2013). Fallstudie OP-Materialnachschub: Schulthess Klinik (Schweiz) optimiert Materiallogistik. Das Krankenhaus, 105, S. 532-534.

Black, J., & Miller, D. (2008). Toyota Way to Healthcare Excellence: Increase Efficiency and Improve Quality wit Lean. Health Administration Press, S. 134–172.

Dickmann, P. (2009). Schlanker Materialfluss mit Lean-Production, Kanban und Innovationen. Berlin: Springer.

Graban, M. (2012). Lean Hospitals - Improving Quality, Patient Safety, and Employee Satisfaction. 2. Auflage. New York: Productivity Press.

Kriegel, J. (2012). Krankenhauslogistik. Wiesbaden: Springer-Verlag.

Walker, D. (2015). Lean Hospital: Das Krankenhaus der Zukunft. Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.

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